Menschen, die entweder gar nicht laufen können oder die es nicht (mehr) schaffen, lange Strecken selbstständig zu gehen, sind auf ein Hilfsmittel wie einen Rollstuhl angewiesen. Er sichert ihnen die Mobilität. Dabei gibt es, angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse, verschiedene Modelle, die zum Teil auch die Krankenkasse übernimmt. Welche Voraussetzungen für einen Anspruch bei der Kasse gelten und warum ein Sanitätshaus der richtige Ansprechpartner in Sachen Beratung ist, verraten wir Ihnen in diesem Artikel.
Alles auf einen Blick:
- Sie können einen Rollstuhl auf Rezept erhalten. Achten Sie bei der Ausstellung darauf, dass der Arzt die richtige Hilfsmittelnummer einträgt. So erhalten Sie vom Sanitätshaus nach Abgabe der Verordnung genau den Rollstuhl, den Sie aufgrund der Behinderung benötigen.
- Wichtig ist, sich im Vorfeld Gedanken zu machen, welches Hilfsmittel Sie brauchen, um eine entsprechende, individuell passende Verordnung zu erhalten.
- Es gibt viele verschiedene Rollstuhlformen und Modelle, zum Beispiel einen Elektrorollstuhl oder einen, der von der Größe her auch für kleinere Kinder passt.
- Je nachdem, ob ein Pflegegrad vorliegt oder nicht, erfolgt die Kostenübernahme für das Hilfsmittel entweder über die Krankenkasse oder über die Pflegekasse.
- Wird dem Antrag von der Krankenversicherung widersprochen, haben Sie vier Wochen Zeit, um Einspruch zu erheben, um den Anspruch auf das Hilfsmittel doch noch zu erhalten.
- Möchten Sie ein teureres Rollstuhlmodell, das Sie in dieser Ausführung aber nicht dringend medizinisch benötigen, dann ist eine sogenannte Mischfinanzierung möglich.
Rollstuhl-Arten
In Deutschland leben fast 8 Millionen schwerbehinderte Menschen und viele von ihnen sind zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen | ¹ |.
Dabei handelt es sich um sogenannte medizinische Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung. Der Rollstuhl kann entweder eingesetzt werden, um schwierige Krankheitssituationen zu überbrücken, zum Beispiel nach einem Unfall oder Schlaganfall, oder er kann langfristig gebraucht werden wie bei fortschreitenden Krankheitsbildern wie Multiple Sklerose oder bei Altersschwäche.
Es gibt zahlreiche verschiedene Rollstuhlarten, die zum Beispiel nach Einsatzmöglichkeit oder Antriebsart unterschieden werden. Vor der Anschaffung sollten Sie sich aber ein paar Fragen stellen, um das richtige Hilfsmittel für sich oder Ihre Angehörigen zu finden – auch abhängig vom Grad der Behinderung.
Welche Fragen sind vor der Anschaffung wichtig?
- Wird das Hilfsmittel jeden Tag genutzt oder nur in ganz bestimmten Situationen, zum Beispiel auf Reisen?
- Ist mir ein geringes Gewicht wichtig?
- Soll das Gerät platzsparend im Auto transportiert werden können?
- Bin ich in der Lage, einen Rollstuhl mithilfe der Armkraft zu bewegen oder benötige ich einen Elektrorollstuhl?
- Soll er nur innen genutzt werden oder auch außen?
- Käme auch ein gebrauchter Rollstuhl infrage?
- Welche Sicherheitseinrichtungen braucht das Gefährt?
- Welche Extras sind mir wichtig?
Welche Modelle gibt es?
- der stabile Standardrollstuhl
- der Faltrollstuhl, der sich zwar gut mitnehmen lässt, aber meist nicht besonders stabil ist
- der Leichtgewichtrollstuhl aus Aluminium
- der für Schwerbehinderte gut geeignete Multifunktionsrollstuhl
- der extrem wendige Aktivrollstuhl, der individuell an seinen Fahrer angepasst wird und daher auch Adaptivrollstuhl genannt wird
Hierbei handelt es sich um manuelle Rollstühle. Wobei es neben den Modellen noch eine zusätzliche Unterscheidung gibt, nämlich die Art und Weise, wie die Muskelkraft verwendet wird:
- Handhebelrollstuhl
- Schieberollstuhl
- Greifrollstuhl
- Trippelrollstuhl
Wenn Sie aber nur wenig eigene Kraft haben und aufgrund von körperlichen Einschränkungen die handbetriebene Variante nicht infrage kommt, Sie aber trotzdem selbstständig sein möchten, dann kann ein Elektrorollstuhl, ein sogenannter E-Rollstuhl, das Richtige für Sie sein. Allerdings sind diese Varianten oft sperriger und lassen sich zum Beispiel nicht so gut zusammenklappen und im Auto transportieren. Gerade, was das Gewicht angeht, kommt es auch auf Ihren eigenen Anspruch an.
Was ist die Hilfsmittelnummer?
Die zehnstellige Hilfsmittelnummer, die der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV Spitzenverband) für das Hilfsmittelverzeichnis | ² | erteilt, erhalten medizinische Hilfsmittel nur dann, wenn Folgendes nachgewiesen wurde:
- Sicherheit
- Funktion
- indikationsbezogene Anforderungen
- medizinischer Nutzen
Jedes Produkt, das im sogenannten Hilfsmittelverzeichnis aufgelistet ist, hat eine solche Hilfsmittelnummer. Sie ist das Kennzeichen für die Wirksamkeit. Wenn Ihr Doktor ein Rezept für einen Rollstuhl ausstellt, dann erklären Sie ihm genau, welches Pflegehilfsmittel Sie benötigen, damit er die entsprechende Hilfsmittelnummer auf dem Rezept eintragen kann. Das macht Ihnen die Versorgung des Patienten deutlich leichter.

Das Hilfsmittelverzeichnis ist aber lediglich eine Orientierungshilfe für Krankenkassen, Arzt und Patient. Sie können auch einen Rollstuhl, der keine entsprechende Nummer besitzt, verordnet und bewilligt bekommen. Dann allerdings muss der Arzt auf dem Rezept die medizinische Notwendigkeit für den passenden Rollstuhl gut begründen. Wenn Sie einen solchen Rollstuhl beantragen möchten und hier konkrete Fragen haben, können Sie sich jederzeit an ein Sanitätshaus Ihrer Wahl wenden und erhalten dort die entsprechende Beratung.
Welche Rollstühle werden von den Kassen bezahlt?
Im Prinzip alle, und zwar dann, wenn sie medizinisch wirklich notwendig sind. Die Voraussetzung ist eine Verordnung vom Arzt, der bescheinigt, dass Sie erheblich bis komplett im Gehen eingeschränkt sind. Sollte ein Standardrollstuhl für Ihre Anforderungen nicht ausreichen, und sollten Sie zum Beispiel einen Elektrorollstuhl brauchen, dann muss das entsprechend begründet werden. Ein wichtiger Grund kann sein, dass es an Kraft fehlt, um sich selbstständig manuell fortzubewegen.
Beantragung bei der Krankenkasse [Schritt-für-Schritt-Anleitung]
Um zum Beispiel für einen elektrischen Rollstuhl eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse zu erreichen, sind in der Regel folgende Schritte einzuhalten:
Schritt 1: Arztbesuch
Schritt 2: Sanitätshaus kontaktieren (hier kann es sein, dass es bestimmte Vertragspartner der Kasse gibt)
Schritt 3: Kostenvoranschlag und Rezept bei der Kasse einreichen (häufig übernimmt diesen Punkt das Sanitätshaus für Sie). Die Krankenkasse hat jetzt drei Wochen Zeit für eine Entscheidung. Wird der Medizinische Dienst hinzugezogen, verlängert sich die Frist auf fünf Wochen.
Schritt 4: Bei Ablehnung Widerspruch einlegen. Dafür haben Sie einen Monat Zeit. Lehnt die Kasse trotzdem ab, müssen Sie die Kosten selbst übernehmen.
Am besten informieren Sie sich vorher gut, wie bei Ihrer Kasse die Abläufe sind. Es kann sein, dass es hier Abweichungen gibt. Manche gesetzlichen Krankenkassen kümmern sich um alles – dann müssen Sie lediglich das Rezept für das Hilfsmittel einreichen.
Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für einen Rollstuhl?
Immer dann, wenn der Rollstuhl – vom Arzt per Rezept bescheinigt – medizinisch notwendig ist. Das ist die Voraussetzung. Dann aber unterstützen alle Krankenkassen die Anschaffung des benötigten Hilfsmittels. Allerding kann es natürlich vorkommen, dass im Einzelfall eine Kasse anders entscheidet als eine andere. Auch die Vertragspartner der Kassen sind unterschiedlich. Die Details erfragen Sie am besten direkt.
Übrigens: Es kann sein, dass – je nach Situation – die Krankenkasse Sie auch dazu auffordert, einen Rollstuhl zu leihen. Das kann sinnvoll sein, wenn Sie diesen nur vorübergehend brauchen, um ihr tägliches Leben zum Beispiel nach einer Operation gut zu gestalten. Wird das Gefährt nicht mehr gebraucht, dann wird es vom Sanitätsfachgeschäft einfach wieder abgeholt.
Muss ich eine Zuzahlung leisten?
Ja, wenn Sie über 18 Jahre alt sind und nicht aufgrund eines zu geringen Einkommens von der gesetzlichen Zuzahlung befreit sind, müssen Sie diese direkt bezahlen. Da die Regel hier gilt: 10 Prozent des Preises, mindestens fünf, maximal zehn Euro, können Sie aufgrund des teuren Grundpreises bei einem Hilfsmittel wie einem Rollstuhl mit zehn Euro rechnen.
Wann erfolgt eine Kostenübernahme durch die Pflegekasse?
Das ist wie bei allen anderen Hilfsmitteln wie zum Beispiel einem Pflegebett [Verlinkung zum Artikel] auch: Hat der Patient einen Pflegegrad, ist die Pflegekasse zuständig. Im Fall eines Pflegebedürftigen handelt es sich aber in der Regel nicht um ein Therapiegerät, sondern um ein reines Fortbewegungsmittel, das teilweise auch den Pflegenden die Arbeit mit dem Pflegebedürftigen um einiges erleichtert. Auch die Pflegeversicherung als Kostenträger überprüft immer den individuellen Einzelfall, nachdem der Antrag gestellt wurde.
Werden auch elektrische Rollstühle von Krankenkassen bezuschusst?
Für Menschen, die zum Beispiel ihre Arme kaum noch bewegen können, kann ein Elektrorollstuhl das Hilfsmittel sein, das ihnen die Teilhabe am „normalen“ Leben ermöglicht, weil fremde Hilfe nicht notwendig ist und zum Beispiel kleine Strecken im Alltag wieder selbst bewältigt werden können. Solche E-Rollstühle können sowohl innen als auch außen genutzt werden, sind sehr belastbar und für eine dauerhafte Nutzung ausgelegt. Zudem sind sie individuell an den Benutzer angepasst. Im Idealfall müssen Sie auch für einen Elektrorollstuhl nur zehn Euro Zuzahlung zahlen. Wichtig ist dabei nicht nur, dass der Arzt in seiner Verordnung bescheinigt, warum ein elektrischer Rollstuhl das richtige Hilfsmittel ist, sondern auch, dass die Krankenversicherung das gewünschte Modell befürwortet.

Wer übernimmt die Reparatur- und Wartungskosten?
Vorausgesetzt der Schaden ist nicht durch grob fahrlässiges Verhalten oder gar mit Absicht verursacht worden, dann übernimmt der Kostenträger auch die Kosten für die Reparatur. Das Sanitätsfachgeschäft, über das der Rollstuhl bezogen wurde, ist auch der richtige Ansprechpartner bei einem Defekt. Es ist wichtig, alle Unterlagen und Quittungen gut aufzubewahren, denn eventuell ist auch der Hersteller selbst für die Reparatur verantwortlich. Manche Unternehmen bieten auch an, einen Rollstuhl direkt vor Ort zu reparieren, weil es für die Betroffenen oft sehr schwer ist, das defekte Pflegehilfsmittel irgendwo hinzubringen. Ist das nicht möglich oder kann ein Ersatzteil nicht so schnell beschafft werden, dann steht Ihnen als Versicherter möglicherweise ein Ersatzrollstuhl zu. Klären Sie das am besten schnell mit der Krankenversicherung, damit Ihrer Mobilität auch im Falle einer notwendigen Reparatur nichts im Wege steht.
Wichtig ist: Haben Sie vor, zum Beispiel einen elektrischen Rollstuhl auf eigene Kosten zu kaufen, dann schauen Sie sich genau die Bedingungen an, die eintreten, wenn er einen Defekt hat.
Mischfinanzierung
Wenn Sie sich ein Rollstuhlmodell wünschen, das in Ihrem Fall über das Notwendige hinausgeht, Sie aber nicht auf die Extras verzichten möchten, dann haben Sie die Möglichkeit, eine Mischfinanzierung zu machen. Die Krankenkasse bezahlt dabei den Standard und Sie übernehmen aus eigener Tasche die Kosten, die darüber hinausgehen. In einem solchen Fall ist eine gute Beratung besonders wichtig.
Fazit
Die Krankenkasse zahlt den Rollstuhl, den Sie als Versicherter für eine gute medizinische Versorgung benötigen. Was darüber hinausgeht, also Extras, die das Leben vielleicht einfacher machen, aber nicht medizinisch notwendig sind, können Sie selbst übernehmen. Man spricht hier von einer Mischfinanzierung. Wichtig ist, wenn Sie das Gefährt beantragen, das Rezept des Arztes und die darauf vermerkte Hilfsmittelnummer. Manchmal, zum Beispiel nach einem Unfall, eignet sich auch ein gebrauchtes Modell, das Sie zum Beispiel kurzzeitig über den Kostenträger leihen können und das Sie, wenn es Ihnen wieder besser geht, zurückgeben. Ein guter Ratgeber beim Thema Rollstühle ist immer ein Sanitätshaus.
Quellen:
- | ¹ | Statistisches Bundesamt: Behinderte Menschen; URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html#_nw355d4ks (letzter Abruf 14.04.2023)
- | ² | GKV-Spitzenverband: Hilfsmittelverzeichnis;
URL: https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home (letzter Abruf 14.04.2023)