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Orthopädie

Orthopädische Schuhe: der Leitfaden für medizinisches Schuhwerk [2023]

Simone Blaß
Verfasst von Simone Blaß
Zuletzt aktualisiert: 13. April 2023
Lesedauer: 11 Minuten
© Salitaris Healthcare Excellence Network

Orthopädische Schuhe werden bei Krankheitsbildern wie der Zuckerkrankheit und Hallux valgus oder aber auch bei Fußfehlstellungen eingesetzt. Sie werden von einem Orthopädiemechaniker speziell an den Fuß angepasst und extra angefertigt. Orthopädische Maßschuhe sollen die Beschwerden der Patienten lindern beziehungsweise für schmerzfreieres Gehen sorgen. 

Alles auf einen Blick:

  • Es gibt keine allgemeinen Hersteller von orthopädischem Schuhwerk. Orthopädische Schuhe werden nämlich immer individuell von einem Orthopädieschuhtechniker angefertigt und sind genau auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten. 
  • Sie brauchen dafür eine Verordnung vom Arzt, denn die orthopädischen Maßschuhe müssen medizinisch erforderlich sein. 
  • Diese Schuhe werden dann angefertigt, wenn orthopädische Einlagen oder andere technische Anpassungen nicht mehr greifen. 
  • Sie müssen die Schuhe gut einlaufen und am besten anfangs immer nur für kurze Strecken tragen. 
  • Die Kostenübernahme erfolgt, wenn ein Rezept vorliegt, über die gesetzliche Krankenversicherung. Geregelt ist das im Sozialgesetzbuch (SGB V). Es ist lediglich eine geringe Zuzahlung von Ihnen zu übernehmen. Zusätzlich ist ein Eigenanteil in Höhe der Kosten, die Sie für normales Schuhwerk aufbringen müssten, erforderlich. 

Was sind orthopädische Schuhe?

Diese speziellen praktischen Schuhe werden eingesetzt bei starken Fehlstellungen der Füße oder Beine sowie zur Stabilisierung und Verbesserung des Gangbildes bei bestimmten Erkrankungen. Sie werden immer dann verschrieben, wenn maßgefertigte Einlagen oder technische Anpassungen der vorhandenen Schuhe – wie zum Beispiel Schuhaußenranderhöhungen – nicht mehr ausreichen. 

Was ist der Unterschied zwischen Gesundheitsschuhen und orthopädischen Schuhen?

Orthopädische Schuhe: Sie werden grundsätzlich nach Maß angefertigt. Sie müssen vom Arzt per Rezept verordnet werden und ihre Anfertigung dauert mehrere Wochen. Sie haben in der Regel eine orthopädische Einlage, die herausnehmbar ist. Im Innenschuh finden Sie einen Stempel mit dem Namen des Herstellers, der Leistennummer, dem Datum der Herstellung und Ihrem eigenen Namen. 

Gesundheitsschuhe: Gesundheitsschuhe müssen Sie selbst bezahlen. Es gibt zahlreiche Hersteller, wobei die gesunden Schuhe immer eines gemeinsam haben: Sie sind orthopädisch optimal, besonders bequem und unterstützen den natürlichen Abrollvorgang des Fußes. Im Normalfall haben Sie ein herausnehmbares Fußbett und können auch mit eigenen Einlagen versehen werden. Es gibt sie ebenfalls in verschiedenen Weiten, was zum Beispiel von Vorteil ist, wenn Sie unter einem Hallux valgus leiden, sie aber noch kein speziell angefertigtes Paar Schuhe benötigen. Denn dann genügt in der Regel ein Paar gute Gesundheitsschuhe für die optimale Versorgung des Fußes. 

Welche Formen gibt es bei der Orthopädie-Schuhtechnik?

Orthopädische Schuhe sind zwar medizinische Schuhe, aber das bedeutet nicht, dass solche „gesunden Schuhe“ keine modischen oder eleganten Schuhe sein könnten. Egal, ob für Herren oder Damen. Es gibt diese bequemen, individuellen Maßschuhe nämlich in allen möglichen Varianten und in verschiedenen Weiten, aus Leder und anderem Material: 

  • als Straßenschuhe
  • orthopädische Badeschuhe
  • als orthopädische Hausschuhe
  • als orthopädische Sportschuhe
  • als Sandale
  • als orthopädische Sicherheitsschuhe für den Beruf

Wann braucht man orthopädische Schuhe?

  • Fußfehlstellungen wie Plattfuß oder Klumpfuß
  • Beinfehlstellungen
  • große Beinlängenunterschied
  • Arthrose im Fußgelenk
  • Gelenkinstabilität
  • Rheuma im Fuß
  • Lähmungen
  • Diabetes (diabetisches Fußsyndrom)
  • nach Amputationen (Anpassung der Prothesen)

Ein Orthopäde wird diese Leistung der Krankenkasse allerdings nur dann in Anspruch nehmen, wenn andere Maßnahmen wie Physiotherapie, orthopädische Einlagen oder Erhöhungen nicht geholfen haben beziehungsweise als Hilfsmittel von vornherein auszuschließen sind. Orthopädische Maßschuhe müssen also medizinisch notwendig sein.

Welche Vorteile bieten diese Spezialschuhe? 

  • natürliche Abrollbewegung wird unterstützt
  • Fußbettstabilisierung
  • weniger Schmerzen beim Gehen
  • Druckentlastung
  • Ausgleich von Unterschieden der Beinlänge

Wo liegen die Risiken?

Im Gegensatz zu einem konfektionierten Schuh passen orthopädische Straßenschuhe – aufgrund dessen, dass sie genau an den Fuß angepasst werden – meist sehr gut. Allerdings kann es zumindest anfangs, wenn zum Beispiel das Leder noch etwas härter ist, trotzdem zu Druckstellen kommen. Daher ist es, gerade bei Empfindungsstörungen, besonders wichtig, den Fuß täglich auf Verletzungen abzusuchen. Notfalls muss der Schuh noch einmal angepasst werden. 

Da orthopädische Maßschuhe ein anderes Tragegefühl vermitteln, braucht es seine Zeit, bis man sich an das neue Hilfsmittel gewöhnt hat. Gerade bei Menschen, die Gangschwierigkeiten oder andere Bewegungseinschränkungen haben, kann es in der Anfangszeit zu einem Stolpern oder gar zu Stürzen kommen. Hier ist besondere Vorsicht geboten!

Wie pflege ich orthopädische Maßschuhe?

Wie jedes hochwertige Paar Schuhe sollten auch orthopädische Schuhe gut gepflegt werden. Schließlich sollen sie ja möglichst lange ihren Zweck erfüllen, da der richtige Umgang mit den Maßschuhen entscheidend für Ihre Gesundheit ist. Folgende Tipps helfen Ihnen dabei, die Langlebigkeit Ihrer orthopädischen Schuhe zu erhalten: 

  • Verwenden Sie immer ein passendes Pflegemittel
  • Wischen Sie den Schuh innen mit einem nebelfeuchten Tuch aus, das können Sie auch mit eventuellen Einlagen machen
  • Sind die Schuhe feucht geworden, dann stopfen Sie sie mit Zeitungspapier aus, nicht auf der Heizung oder in der Nähe einer anderen direkten Wärmequelle trocknen

Worauf muss ich beim Tragen achten?

  • Sind die „gesunden Schuhe“ neu, dann tragen Sie sie erstmal immer nur kurz und überprüfen Sie dann gründlich, ob es Druck- oder Reibestellen an den Füßen gibt. Gerade solche Schuhe müssen gut eingelaufen werden. 
  • Bevor Sie die orthopädischen Maßschuhe anziehen, prüfen Sie den Innenraum, ob sich etwas gelöst hat oder sich Fremdkörper wie kleine Steinchen eingeschlichen haben. 
  • Ziehen Sie jedes Paar Schuhe am besten mit einem Schuhlöffel an und tragen Sie immer Strümpfe.  
  • Wenn Sie den Maßschuh schließen, achten Sie darauf, dass er nicht zu eng sitzt. Sonst kann es zu Druckstellen und im schlimmsten Fall sogar zu Durchblutungsstörungen kommen. 
  • Wenn Sie Einlagen in den Schuhe haben, was bei solchen Schuhen in der Regel der Fall ist, dann sollten Sie diese nie ohne diese Einlagen tragen. Die orthopädischen Schuhe sind nämlich genau und ganz individuell auf das Hilfsmittel abgestimmt. 

Orthopädisches Schuhwerk Kostenübernahme: Was zahlt die Krankenkasse?

Maßgefertigte Schuhe, genau auf die Probleme des jeweiligen Fußes zugeschnitten, können teuer werden. Aber der Anspruch auf orthopädisches Schuhwerk ist gesetzlich geregelt. Laut Sozialgesetzbuch (SGB V) besteht für gesetzlich Versicherte ein Anspruch auf Hilfsmittel, wenn sie medizinisch erforderlich sind. Dazu gehören neben Hörhilfen und Prothesen auch orthopädische Maßschuhe, wenn durch sie der Erfolg einer Behandlung entweder gesichert werden kann oder wenn einer drohenden Behinderung entgegengewirkt werden beziehungsweise sie dadurch ausgeglichen werden kann, wie das zum Beispiel bei extremen Beinlängenunterschieden der Fall ist. 

Welcher Eigenanteil kommt trotz Kostenübernahme auf mich zu?

Gesetzlich Versicherte haben mit einem Rezept vom Facharzt, in diesem Fall dem Orthopäden, Anspruch auf die Anfertigung von speziellem Schuhwerk nach Maß. Denn er bestätigt, dass dieses medizinisch notwendig sind. Diese Leistung übernehmen die Krankenkassen nur dann, wenn bei bestimmten Funktionsstörungen die Versorgung nicht mit anderen Maßnahmen wie zum Beispiel fußgerechten Konfektionsschuhe in Verbindung mit speziellen Einlagen, erreicht werden kann. Wer älter als 18 Jahre alt ist, muss eine Zuzahlung leisten. Die ist gesetzlich festgelegt und beträgt 10 Prozent der Kosten, mindestens 5 Euro, höchstens 10 Euro. Das gilt nur dann, wenn Sie nicht von der Zuzahlung befreit sind.

VORSICHT:
Mit der Zuzahlung zum Rezept allein ist es nicht getan. Da orthopädisches Schuhwerk sehr teuer in der Anfertigung ist – jedes Modell nach Maß -, verlangt die Krankenkasse, dass Sie den Preis eines normalen Schuhs trotzdem bezahlen. Für den Eigenanteil veranschlagt werden circa 70 Euro.

Wer ist von der reinen Zuzahlung befreit?

Der Gesetzgeber hat eine persönliche Belastungsgrenze festgelegt. Sie ergibt sich aus dem Einkommen des Haushaltes, dem Familienstand und hängt davon ab, wie viele Kinder noch bei Ihnen zuhause leben. Chronisch kranke Menschen müssen höchstens ein Prozent des jährlichen Einkommens für Zuzahlungen aufbringen, alle anderen maximal zwei Prozent. Kommt man bei der Summe aller Leistungen im Jahr über diesen Betrag, kann man sich befreien lassen. Die Befreiung gilt dann aber immer nur für ein Kalenderjahr und muss jährlich neu beantragt werden. Bei Kindern unter 18 Jahren gelten andere Regeln als für Erwachsene. Sie sind grundsätzlich von der Zuzahlung befreit. 

Was kosten orthopädische Maßschuhe?

In der Erstversorgung, also, wenn Sie zum ersten Mal solche Schuhe erhalten, haben Sie die Möglichkeit, sich zwei bis drei Paar anfertigen zu lassen. Das liegt vor allem daran, dass die Versicherten ja für die verschiedenen Jahreszeiten entsprechendes Schuhwerk brauchen. Genügt Ihnen das nicht, steht es Ihnen selbstverständlich frei, sich auch auf eigene Kosten einen individuellen Maßschuh machen zu lassen. Sie müssen dann durchschnittlich mit 500 bis 700 Euro pro Paar rechnen. Hausschuhe und Sandalen sind meist etwas günstiger. Sie können aber zum Beispiel mit Straßenschuhen aus Leder auch deutlich darüber liegen. 1.500 bis 2.000 Euro sind hier für die Leistung des Orthopädieschuhtechnikers durchaus möglich.



Vorgehen: So kommen Sie an Ihr neues Paar Schuhe

Mit dem Rezept des Arztes gehen Sie zu einem Orthopädieschuhmacher oder ein Sanitätshaus. Dort kümmert man sich für Sie um die Formalitäten für Ihre Schuhe nach Maß und bespricht mit Ihnen, welches Modell genehmigt und was sinnvoll ist. Nehmen Sie diese Beratung auf jeden Fall in Anspruch. So finden Sie den richtigen orthopädischen Schuh für Ihr individuelles Problem. Übrigens: Es kann möglich sein, dass Ihre Krankenkasse mit speziellen Vertragspartnern zusammenarbeitet, erkundigen Sie sich hier am besten im Vorfeld, dann sparen Sie sich unnötige Wege. 

Welche Hersteller gibt es?

Es gibt in diesem Sinne keine Hersteller für orthopädische Schuhe, denn sie werden ganz individuell auf den jeweiligen Fuß mit dem jeweiligen Problem angepasst. Ein  Orthopädietechniker wird die Herstellung der orthopädischen Maßschuhe übernehmen. Der Fachmann wird den betroffenen Fuß – oder beide, je nachdem – vermessen, die Umrisse aufzeichnen und mithilfe eines Messgerätes ein Druckprofil der Fußsohle erstellen. So sieht er, welche Stellen besonders stark druckbelastet sind. Auch Ihr persönliches Gewicht spielt hierbei eine Rolle. Denn Ihre Füße müssen dieses ja tragen. 

Ein Schuhtechniker vermisst mit einem Scanner die Füße einer Frau für die Herstellung von orthopädischen Schuhen
Fußform und -größe werden per Scanner bestimmt © Salitaris Healthcare Excellence Network

Ein Blick auf das Gangbild verrät dem Orthopädietechniker, wie die Belastung ist und wo die Probleme liegen. Um mögliche Unterschiede in den Beinlängen zu erkennen und wenn notwendig auszugleichen, werden zusätzlich die Beinachsen verglichen. So ist es möglich, das orthopädische Hilfsmittel optimal an den Fuß anzupassen. Per Computer wird dann ein Abbild des Fußes gefräst, ein Probeschuh aus Kunststoff erstellt und überprüft, ob das Ergebnis gut und bequem sitzen wird. Erst dann wird der eigentliche Maßschuh in Handarbeit erstellt. Auf das Design und das Material hat der Patient einen Einfluss, allerdings sind hier auch durch die Krankenkasse Grenzen gesetzt.  

Was ist, wenn etwas geändert werden muss?

Eine Änderung erfolgt nur bei funktionsgestörtem Schuhwerk. Dafür ist allerdings eine neue ärztliche Verordnung notwendig. Diese bescheinigt zum Beispiel beim Fuß entstandene Abweichungen, die die Änderung notwendig machen. 

Welche Materialien werden verarbeitet?

  • Metall
  • Kunststoff
  • Gießharze
  • Textilien
  • Leder

Die Materialien werden zum Teil mithilfe von Maschinen, zum Teil aber auch per Hand verarbeitet. So erhalten Sie ein genau auf Sie angepasstes Schuhmodell.

Fazit 

Orthopädische Maßschuhe verringern unter anderem bei Diabetikern das Risiko von Amputationen. Es gibt sie nur auf der Basis einer ärztlichen Verordnung. Sie müssen medizinisch erforderlich sein und werden dann verschrieben, wenn andere Maßnahmen wie Schuhaußenranderhöhungen oder spezielle orthopädische Einlagen nicht mehr helfen. Die Kostenübernahme erfolgt bis zu einer gewissen Anzahl über die gesetzliche Krankenversicherung. Allerdings müssen Sie neben der Zuzahlung auch einen Eigenanteil leisten, da diese Schuhe nach Maß individuell angepasst und handgefertigt sind.

Über unsere*n Autor*in
Simone Blaß
Simone studierte Germanistik, Psychologie und Soziologie und absolvierte danach ein Volontariat bei einem lokalen Fernsehsender. Nach Zwischenstationen beim Radio und in einer PR-Agentur arbeitete sie viele Jahre als freiberufliche Redakteurin für Online-Portale und Agenturen.