Eine Orthese soll die Balance zwischen Stabilität und Beweglichkeit garantieren. Dieses Hilfsmittel wird vor allem dann eingesetzt, wenn es zu Verletzungen oder Fehlstellungen von Gliedmaßen beim Patienten kommt. Eingesetzt werden Bandagen und Schienen. Es gibt sehr verschiedene Varianten wie eine Knieorthese, eine fürs Sprunggelenk, aber auch solche für den Kopf wie Therapiehelme. Der Körper wird so dabei unterstützt, in die gewünschte, gesunde Form zu kommen.
Alles auf einen Blick:
- Eine Orthese ist keine Prothese. Der große Unterschied: Sie ersetzt kein Körperteil, sondern unterstützt oder korrigiert es. Das soll in der Regel zu einer Reduzierung der Schmerzen führen.
- Einsatz: u. a. durch Arthrose abgenutzte Gelenke im Knie (Gonarthrose), Therapiehelme zum Beispiel für Kinder mit deformiertem Kopf, Verletzungen an den Gliedmaßen oder Wirbelsäulenorthesen wie Skoliose-Korsetts.
- Es gibt sie aus unterschiedlichen Materialien, je nach Einsatzgebiet sind es beispielsweise Bandagen oder Schienen.
- Nur maßgeschneiderte Produkte können individuell genau angepasst werden. Aber auch bei konfektionierter Ware geben die Hersteller Orthopädietechnikern noch Spielraum. Man kann zum Beispiel im Laufe der Behandlung nachjustieren und das Hilfsmittel neu an den Körper anpassen.
- Bei medizinischer Notwendigkeit übernehmen die Kassen die Kosten. Sie als Patient müssen, wenn Sie gesetzlich versichert sind, lediglich eine Zuzahlung in Höhe von 10 Euro leisten.
Was ist eine Orthese?
Es handelt sich um ein von außen an das entsprechende Körperteil angebrachtes orthopädisches Hilfsmittel. Seine Aufgabe ist es, eine Entlastung von Knochen, Muskeln und vor allem auch Gelenken zu erreichen, sie zu stabilisieren, in die richtige Position zu bringen und sie in ihrer Funktion zu unterstützen. Gerade Knieorthesen oder solche fürs Sprunggelenk werden häufig bei Arthrose eingesetzt – zur Stabilisierung und Entlastung. Damit wird dem Schmerz entgegengewirkt. Bei der Behandlung von Gelenkerkrankungen wirken sie wie eine Kombination aus stabilem Halteapparat mit den Komponenten einer Bandage. So ist es bis zu einem gewissen Grad möglich, das Gelenk von außen zu stabilisieren |¹|.

Wann verwendet man ein solches Hilfsmittel?
- Stabilisieren
- Reduzieren von Fehlstellungen
- Einschränken oder Vergrößern der Beweglichkeit in den Gelenken
- Umverteilen von Belastungen
- Führung
- Ausgleichen von Muskelschwäche und Spastiken beim Patienten
- Korrektur von Gliedmaßen und Rumpf
- Entlastung
- Schmerzlinderung
- nach Sportverletzungen oder Unfällen
- Vorbeugung
Welche Orthesenarten gibt es?
- Knieorthese
- Beckenorthese
- Brustorthese
- Kopforthesen wie eine Kraniumorthese (Therapiehelm)
- Uvula-Stützen
- Handgelenksorthese
- Knieorthese
- Halskrause
- Abdominalorthesen
- Fingerorthese
- Fußorthese
- Sprunggelenksorthese
- Ellenbogenorthese
- Hüft-Knie-Knöchel-Fuß-Orthese
- Schienen
- Bandagen
- Stützapparate zum Beispiel für den Rücken
- Skoliose-Korsette u.a.
Sie als Patient können die unterstützenden Funktionselemente entweder maßgeschneidert vom Arzt verschrieben bekommen oder, und das ist üblicher, ein industriell gefertigtes Exemplar von speziellen Herstellern über ein Sanitätshaus bestellen. Es gibt sie in verschiedenen Größen, eine Feinanpassung allerdings ist hier meist schwieriger. Übrigens: Auch hier ist ein Rezept vom Arzt nötig.
Welche Materialien werden verwendet?
- Kunststoffe
- Silikon
- Stoff
- Metall
Was ist der Unterschied zwischen Orthese und Prothese?
Der entscheidende Unterschied zu einer Prothese: Eine Prothese ersetzt einen Körperteil vollständig, bildet geschädigte oder fehlende Körperteile nach und stellt die „normale“ Optik wieder her. Eine Prothese wird immer individuell an den Träger angepasst, da sie ein wichtiges Funktionselement ist.
Eine Orthese dagegen umschließt das entsprechende Körperteil und/oder Gelenk mit Bandagen oder Schienen. Auch sie wird individuell an den Patienten angepasst und kann mehrfach nachjustiert werden. Es gibt die abnehmbaren Schienen aus (Kunst-)Stoff konfektioniert, also sozusagen „von der Stange“, aber auch als Einzelanfertigung |²|.
Eine Mischform aus Prothese und Orthese sind zum Beispiel orthopädische Schuhe, wenn sie zum Einsatz kommen um ein zu kurzes Bein auszugleichen.
Beide Varianten orthopädischer Hilfsmittel geben aber Sicherheit und tragen zu einer selbstständigen Lebensführung bei.
Funktion
Klassische Orthesen wie solche fürs Knie oder den Ellenbogen wirken über ein Dreikräfteprinzip: zwei Punkte stabilisieren, ein dritter Punkt wirkt gleichzeitig Druck aus. Sie sind so ausgerichtet, dass der Patient sich bewegen soll, dabei aber eine Stabilisierung und Unterstützung erfährt. Man spricht hier von aktiven Orthesen. Passive Orthesen stützen dagegen den Körperteil komplett.
Wann werden Orthesen benötigt?
- chronisch bedingte, langjährige Erkrankungen oder Abnutzungen zum Beispiel an der Wirbelsäule
- von Geburt an bestehende Fehlstellungen, Lähmungen oder Fehlbildungen des Körpers
- bei akuten Schmerzen nach Verletzungen
- postoperativ
Es gibt sehr viele Anwendungsmöglichkeiten, meist sind Verletzungen der Gelenke, Knochen oder Bänder der Grund für die Verordnung, wie bei einem Kreuzbandriss. Teilweise werden sie, zum Beispiel beim Sport, auch vorbeugend eingesetzt, etwa um Gelenke oder Bänder vor zu viel Beanspruchung zu schützen und das Risiko einer Verletzung zu vermeiden. Nutzen Sie das Produkt allerdings als Prophylaxe vor Verletzungen, dann können Sie nicht auf eine Kostenübernahme durch die Kasse setzen.
Was sind Vorteile von Orthesen?
- Nach akuten Verletzungen können Gelenke ruhiggestellt und entlastet werden.
- Sie bilden einen starken Kraftschluss um das Gelenk oder die betroffene Körperpartie wie zum Beispiel den Rücken.
- Ist ein Gelenk stark beschädigt, kann es so stabilisiert werden.
- Angeborene Fehlstellungen werden mithilfe einer Orthese bei Bedarf korrigiert. Das kann in Zukunft weitere Schmerzen vermeiden.

Was sind Nachteile?
- Durch Druck- oder Scheuerstellen kann es zu Hautreizungen und -schädigungen kommen.
- Werden diese zu spät bemerkt, können sich Infektionen festsetzen.
- Ist das Produkt zu eng, können Durchblutungsstörungen die Folge sein. Das kann auch bei Bandagen passieren.
- Knieorthesen zum Beispiel führen aufgrund ihrer Funktion teilweise zu Unsicherheiten beim Laufen. Daraus folgend kann es auch zu Stürzen kommen.
- Auch Brüche im Material oder ein Ausfall der gelenkführenden Funktion bei Varianten für Beine oder Füße können heftige Verletzungen zur Folge haben |³|.
Die Vor- und Nachteile im Überblick
Vorteile | Nachteile |
Ruhigstellung, Entlastung und Stabilisierung von Gelenken durch die Funktionselemente | Reizungen der Haut / Hautschädigungen |
Stärkung geschwächter Körperteile | Infektionen |
Erleichterung bei Abnutzungen oder Erkrankungen wie Osteoporose | Störungen in der Versorgung (Durchblutungsstörungen) |
Korrektur von Fehlstellungen | Gangunsicherheit |
Schmerzvermeidung | Stürze und Verletzungsgefahr |
relativ hoher Tragekomfort | Einschränkung der Bewegung |
Wie erfolgt die Anpassung?
Zunächst müssen Sie darauf achten, ob Ihre Kasse bestimmte Vertragspartner hat. Viele arbeiten bereits mit Sanitätshäusern vor Ort zusammen. Dort erhalten Sie eine ausführliche Beratung
Wird eine Orthese individuell hergestellt, dann macht ein Orthopädietechniker erst einmal Gipsabdrücke. Damit garantiert er eine optimale Passform. Dabei muss er zweierlei im Blick behalten: die medizinischen Anforderungen und die Funktion. Der Fachmann zeigt Ihnen, wie Sie die Unterstützung richtig anlegen und pflegen. In regelmäßigen Abständen wird dann kontrolliert, ob das Tragen noch notwendig ist und wenn ja, ob eine Korrektur vorgenommen werden muss.
Wie trage ich eine Orthese?
Ihr Arzt sagt Ihnen, wie Sie das Hilfsmittel tragen sollen. Beginnen Sie am besten mit kurzen Tragezeiten, damit Sie nicht in die Schonhaltung gehen oder es zu wunden Stellen kommt. Am besten tragen Sie das orthopädische Hilfsmittel über einem dünnen Stoff, der möglichst saugfähig ist. Dabei sollten Sie darauf achten, dass es nicht zu einer Faltenbildung kommt um unnötige Druckstellen zu vermeiden und den Tragekomfort zu erhöhen. In einem Sanitätshaus erhalten Sie auch speziell dafür ausgelegte Wäsche, die es gar nicht dazu kommen lässt, dass sich Feuchtigkeit staut. Wenn Sie mit dem Rezept des Arztes in den Fachhandel gehen, wird Ihnen genau erklärt, wie Sie etwa Schienen exakt anlegen. Übrigens: Die Bandagen können Sie auch waschen – am besten vorsichtig mit der Hand und einem Feinwaschmittel.
Kann ich Auto fahren?
Natürlich kommt es darauf an, welcher Körperteil vom Einsatz des Hilfsmittels betroffen ist. Wenn es sich um das linke Knie handelt, dann steht zum Beispiel mit einem Automatikwagen dem Auto fahren nichts entgegen. Beim rechten wird es da schon schwerer. Wenn Sie sich unsicher sind oder das Gefühl haben, zum Beispiel eine Bandage schränkt Sie in der Bewegungsfreiheit zu stark ein, dann verzichten Sie besser auf das Selbstfahren. Sicherheit erhalten Sie nur, wenn Sie in Ihrem individuellen Fall den Arzt um seine Einschätzung bitten. Aber grundsätzlich gilt immer, dass Sie ein Fahrzeug nur dann führen dürfen, wenn Sie es wirklich sicher beherrschen.
Kosten
Moderne Orthesen verfügen über ausgefeilte Technik und das kostet natürlich entsprechend. 600 Euro für eine Knieorthese sind keine Seltenheit.
Werden Orthesen von der Krankenkasse übernommen?
Versicherte haben bei gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf Leistungen, die medizinisch notwendig sind. Das bedeutet: Hat der Arzt Ihnen eine Verordnung ausgestellt, dann leisten Sie nur die Zuzahlung.
Sind Sie privat versichert, dann kommt es bei der Frage der Kostenübernahme auf Ihre Bedingungen an. Nur was im Vertrag auch aufgezählt ist, wird vom Versicherer übernommen. Bei den Tarifen wird unterschieden zwischen solchen mit einem offenen Hilfsmittelkatalog und solchen mit einem geschlossenen Hilfsmittelkatalog. Bei der offenen Variante stehen Ihnen deutlich mehr Hilfsmittel zur Verfügung. Auch, wenn das teurer ist, Sie sollten sich für diesen entscheiden, selbst dann, wenn beim Abschluss der Bedarf noch nicht vorhanden ist.
Wie hoch ist die Zuzahlung?
Erhalten Sie die Orthese aufgrund eines Rezeptes von Ihrem Orthopäden, dann zahlen Sie als gesetzlich Versicherter im Sanitätsfachhandel lediglich eine Zuzahlung von 10 Prozent. Dieser Betrag ist allerdings gedeckelt auf mindestens fünf und höchstens zehn Euro. Da eine Orthese in der Regel mehr als 100 Euro kostet, müssen Sie mit zehn Euro rechnen, wenn Sie gesetzlich versichert sind.
Fazit
Es gibt zahlreiche verschiedene Varianten von Orthesen, je nach Indikation. Am häufigsten sind Modelle fürs Knie, Sprunggelenk, die Hand oder den Arm. Sie dienen nicht nur der Ruhigstellung und Entlastung, sondern auch der Korrektur von Fehlstellungen und dem Erreichen von Schmerzfreiheit im Alltag. Gibt es eine Verordnung durch den Arzt, in der Regel durch einen Orthopäden, dann müssen Sie lediglich eine Zuzahlung in Höhe von fünf Euro leisten.
Quellen:
- |¹| German Journal of Sports Medicine: Wertigkeit von Bandagen und Orthesen zur Behandlung von Gonarthrose; URL: https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2003/heft06/Bandagen.pdf
- |²| Thieme/Lege artis – Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung: Freizeit- und Sportunfälle – Gips, Schienen und Orthesen;
URL: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0031-1286602 (letzter Abruf 17.04.2023) - |³| Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Auswertung zu Vorkommnissen mit Orthesen für die unteren Extremitäten; URL: https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/Risikobewertung-und-Forschung/Wissenschaftliche-Aufarbeitung/Orthesen_bis_Ende_2009.html (letzter Abruf 17.04.2023)